Ich sitze in der U-Bahn von Helsinki. Die Meldungen zur Luftqualität auf den Newstickern fassen den aktuellen Zustand in der Stadt zusammen. Auf der Karte, die über den Bildschirm flimmert, werden ausschließlich grüne Punkte angezeigt. Das bedeutet, dass die Luftqualität in Helsinki gut und nicht gesundheitsgefährdend ist.
Während ich so auf den Bildschirm starre, denke ich über den krassen Gegensatz zu meiner früheren Heimatstadt in Mitteleuropa nach. Heute weiß ich, dass ein pastellfarbener Abendschleier nicht nur ein schöner Sonnenuntergang ist, sondern durch Luftverschmutzung verursacht wird. Ich musste feststellen, dass die Einheimischen die Stadt verlassen, wenn sich die Luftqualität gegen Ende der Woche zunehmend verschlechtert. Viele von ihnen pendeln mit dem Auto und sitzen oftmals im dichten Verkehr auf den Stadtautobahnen fest. Dies trägt nicht gerade positiv zur örtlichen Luftqualität bei.
Die Website Airvisual.com verfolgt auf Grundlage von Partikeldaten die Luftqualität in verschiedenen Städten auf der ganzen Welt. Die Werte im Jahr 2018 in Helsinki blieben bis auf einen Monat innerhalb der von der Weltgesundheitsorganisation WHO formulierten Zielgrenzen. Erst im Februar rutschte die Qualität unter das WHO-Ziel und in den grünen Bereich mit der Bezeichnung "Gut".
Die gleiche Organisation stufte im weltweiten Vergleich von 62 Hauptstädten die Luftqualität in Helsinki als die fünft sauberste ein. Nur die Nachbarstädte Tallinn und Stockholm sowie Ottawa in Kanada und Wellington in Neuseeland übertrafen Helsinki.
Selbst in Helsinki sinkt die Luftqualität durch Abgase, Staub, Baustellen, Holzöfen, fremde Partikel oder Ozon gelegentlich auf ein moderates oder sogar noch schlechteres Niveau. Die Stadt hat sich damit befasst und nun begonnen, verschiedene Überwachungsinstrumente aktiv zu nutzen, was wirklich großartig ist. So hat Helsinki Anfang Herbst 2019 an 25 neuen Standorten Ortungsgeräte aufgestellt und Hunderte von freiwilligen Bürgern gesucht, die kleine Sensoren mit sich führen oder zu Hause installieren. Die städtischen Luftqualitätsdaten werden auf einer Webseite in Echtzeit aktualisiert.
Ein erwachsener Mensch atmet pro Minute sieben bis acht Liter Luft ein, das sind täglich 11.000 bis 15.000 Liter – was wiederum vom Volumen her einem großen Lieferwagen entspricht. Die Luft, die wir atmen oder die uns umgibt, beinhaltet Verschmutzungen, die zu Kopf- und Augenschmerzen führen und sogar das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen können. Nach Angaben der WHO war dies im Jahr 2012 für rund sieben Millionen vorzeitige Todesfälle verantwortlich - 600.000 davon waren Kinder unter fünf Jahren. Vor kurzem wurde auch nachgewiesen, dass Luftverschmutzung sowohl die körperliche als auch die kognitive Entwicklung von Kindern beeinträchtigen kann.
Wenn ich auf meiner üblichen Strecke rund um die Museumsinsel Seurasaari jogge, halte ich oft auf dem höchsten Punkt des Weges, einem Felsen mit Blick aufs Meer, an. Ich genieße die Aussicht und atme die Seeluft tief ein. In Helsinki habe ich das Meer oder den Wald mit all der frischen Luft fast immer in meiner Nähe.
Atmen Sie. Atmen Sie tief ein und aus - auch in der Stadt.
Tipps für tolle Orte zum Durchatmen:
Suomenlinna
Nehmen Sie die Fähre vom Marktplatz zur Festungsinsel Suomenlinna, legen Sie im Valimo oder einem anderen der gemütlichen Inselrestaurants einen Zwischenstopp ein und spüren Sie die Meeresbrise auf Ihrer Haut, während Sie den Blick auf den Horizont richten.
Marktplatz
Spazieren Sie über die Seepromenade, besuchen Sie den Kaivopuisto-Hügel, um die Aussicht auf das offene Meer zu genießen, beobachten Sie eine der Fähren in Richtung Stockholm oder Tallinn und genießen Sie auf dem Marktplatz einen frischen Donut mit Kaffee.
Kanavaranta
Füllen Sie Ihre Lungen beim Spaziergang im Viertel Katajanokka mit frischer Luft und legen Sie im Shelter oder einem der anderen Uferrestaurants in Kanavaranta eine Pause ein, um die Segelboote zu bewundern. Ziehen Sie anschließend weiter, vorbei am Hafen und gehen Sie über die Brücke hinüber zur Insel Tervasaari.
Seurasaari
Schnappen Sie sich ein Fahrrad, tanken Sie Energie im Café Regatta (zum Beispiel mit einer Bratwurst!) und radeln Sie am Sibelius-Denkmal vorbei durch den Meilahdenpuisto-Park zur Museumsinsel Seurasaari. Sehenswürdigkeiten entlang des Weges sind die ehemalige Präsidentenresidenz Tamminiemi und das Freilichtmuseum Seurasaari, welches das ländliche Leben von anno dazumal zeigt.
Die Geschichte ist Teil einer Serie, in der Designer von verschiedenen Konzepten erzählen, die sie an Helsinki lieben. Zusätzlich zu MyHelsinki.fi werden die Artikel in der Helsinki Design Weekly veröffentlicht.